Forschungsstandort Zittau wächst deutlich: »Impulsgeber für Innovationen und Strukturwandel«

Pressemitteilung Fraunhofer IWU /

Mit einem feierlichen Spatenstich begann heute, am »Tag der Oberlausitz«, ein neues Kapitel für den Forschungsstandort Zittau: Das Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU baut bis 2022 sein Kunststoffzentrum auf eine Fläche von über 700 Quadratmeter aus. Sechs Millionen Euro fließen in die Erweiterung des Technikums mit hochmodernen Verarbeitungsmaschinen und Analysegeräten. Die Forschungsbereiche Leichtbau, additive Fertigung und Automatisierung werden damit deutlich ausgebaut. Rund 70 Gäste aus Wirtschaft, Forschung und Politik informierten sich vor Ort – unter strenger Einhaltung der Corona-Vorschriften – über die aktuellen und zukünftigen Forschungsprojekte rund um Windräder, robotergestützten 3D-Druck und ein geplantes Wasserstoffshuttle für die Lausitz.

© Jan Mikulička
Gemeinsamer Spatenstich zum Baubeginn der Forschungshalle zur Erweiterung des Fraunhofer-Kunststoffzentrums in Zittau (v.l.n.r.): Professor Sebastian Scholz, Leiter FKO, OB Thomas Zenker, Prof. Welf-Guntram Drossel, Institutsleiter Fraunhofer IWU, Ministerpräsident Michael Kretschmer, Prof. Reimund Neugebauer, Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft, Ralf Liebscher, geschäftsführender Gesellschafter der Lakowa GmbH

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer betonte nach dem Spatenstich die Bedeutung des weiter wachsenden Fraunhofer-Kunststoffzentrums Oberlausitz (FKO) mit Blick auf den anstehenden Strukturwandel: »Das Fraunhofer-Institut in Zittau ist ein bedeutender Impulsgeber für Innovationen in der Region und ein Leuchtturm der Fraunhofer-Fachhochschulkooperation. Die neue Forschungshalle des Kunststoffzentrums Oberlausitz schafft die Voraussetzungen, auch in Zukunft als Vorreiter auf dem Gebiet der Kunststoff- und Leichtbautechnik im Dreiländereck zu agieren. Die enge Kooperation und grenzüberschreitende Zusammenarbeit mit Partnern aus Wirtschaft und Wissenschaft bleiben dafür zentrale Erfolgsfaktoren. Für den Strukturwandel in der Region ist es wichtig, Forschungsergebnisse schnell in innovative Anwendungen und Produkte zu überführen. Das schafft und sichert Arbeitsplätze und Wertschöpfung in Zittau und in der gesamten Region. Das Fraunhofer IWU leistet dabei einen überaus wertvollen Beitrag.«

Seit der Gründung des FKO als Projektgruppe des Fraunhofer IWU im Jahre 2011 arbeiteten die Forscherinnen und Forscher in Zittau bisher mit rund 70 Unternehmen – vorranging aus der Region – zusammen und kooperierten u.a. mit Unternehmen wie der RCS GmbH in Königsbrück, der Lakowa GmbH in Wilthen/Ol., der KSO Textil GmbH in Olbersdorf, der DRS GmbH in Bautzen, der Friedrich Werkzeugbau GmbH in Großdubrau, der Waggonbau Niesky GmbH, der Elbeflugzeugwerke GmbH in Dresden, der EC Europ Coating GmbH sowie mit ausländischen Partnern wie etwa RENA Polska in Nowogrodziec und Faurecia in Liberec. 

Innovationskraft für den Strukturwandel

»Die breite, fundierte Kompetenz des Fraunhofer-Kunststoffzentrums Oberlausitz, die sich über die Bereiche Kunststoffverarbeitung, additive Fertigung, Leichtbau und Wasserstofftechnologien erstreckt, schafft einen großen Mehrwert und Innovationsvorsprung für seine Partner in der Region und darüber hinaus«, sagt Prof. Reimund Neugebauer, Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft. »Der neue Erweiterungsbau des Fraunhofer-Kunststoffzentrums verdeutlicht einerseits den steigenden Innovationsbedarf für Kunststoff- und Leichtbautechnologien. Zugleich ist der heutige Spatenstich auch ein deutliches Zeichen dafür, dass Fraunhofer den Strukturwandel aktiv vorantreibt und Industrie und Mittelstand bei der Entwicklung neuer Geschäftsmodelle zur Seite steht.«

Aktuelle Innovationen waren vor Ort zu sehen: So z. B. zukunftsweisende Herstellungsverfahren für Windräder mit naturfaserverstärkten Kunststoffen und die Integration von Naturfasern in herkömmliche SMC-Halbzeuge (SMC: Sheet Molding Compound) für den Kunststoff- und Leichtbausektor. Mit diesen werden beispielsweise auch Innenverkleidungsbauteile für Busse und Schienenfahrzeuge leichter und nachhaltiger. Außerdem lassen sich damit gezielt Funktionen, wie beispielsweise lokale Verstärkungen, integrieren.

Individuelle und komplexe Kunststoffbauteile entstehen schnell und effizient im großformatigen Industrie-3D-Druck mittels Robotern oder Fräsportalen. Die Technologie, die dafür am Fraunhofer IWU entwickelt wurde, heißt »SEAM« (Screw Extrusion Additive Manufacturing). Besonders interessant für kleine und mittelständische Unternehmen der Region sind darüber hinaus FKO-Technologien im Bereich Automatisierung und Digitalisierung der Produktion, die z. B. bei der automatisierten Erkennung von Fehlstellen an Bauteilen oder dem automatisierten Handling von Bauteilen oder Halbzeugen helfen.

In die neue Forschungshalle kommen hochmoderne Verarbeitungsmaschinen und Analysegeräte, um die Leistungsfähigkeit bei diesen Forschungs­schwerpunkten weiter auszubauen. Zur Ausstattung wird daher ein kombiniertes 3D-Druck-Fräsportal für die weitere Erforschung und Optimierung der Produktion individueller Großbauteile insbesondere für Klein- und Mittelserien gehören. Auch eine großformatige Hochleistungspresse soll hier ihren Standort erhalten. Sie ermöglicht die Abbildung industrietauglicher Prozesse zur Herstellung komplexer Leichtbauteile, u.a. aus Naturfaserkunststoffverbunden. Auch bietet der Erweiterungsbau dann Platz für über 40 Forscherinnen und Forscher, statt der bisher 24 Mitarbeitenden.

Wasserstoff-Technologien stehen zurzeit besonders im Fokus des FKO. Neben der Präsentation eines eigenentwickelten Wasserstoff-Rollers informierten die Fraunhofer-Forscherinnen und -Forscher unter anderem auch über das Vorhaben des »Hydrogen Laboratory Görlitz« (HLG), eines Testzentrums für Elektrolyseure zur großindustriellen Wasserstoffherstellung, und über das geplante Verbundvorhaben »WALEMO« zur Entwicklung und zum Betrieb von autonomen, wasserstoffbetriebenen Shuttles für einen bedarfsgerechten ÖPNV im ländlichen Raum – entwickelt, gebaut und getestet in der Lausitz. Hier sollen sächsische Kompetenzen in den Bereichen Wasserstoff, Leichtbau und autonome Mobilität verbunden und so ganz konkret der Strukturwandel mitgestaltet werden. Anfang des Jahres sorgte zudem eine Studie zur Zukunft der Wasserstoffwirtschaft in der Lausitz, die von Fraunhofer-Experten am Standort Zittau erarbeitet wurde, deutschlandweit für großes Interesse.

Zittau und die ganze Lausitz profitieren

Oberbürgermeister Thomas Zenker ist überzeugt, dass Zittau und die Studierenden und Forschenden in der Stadt von der Erweiterung des FKO-Technikums profitieren werden: »Wir dürfen heute dankbar für eine weitsichtige Entscheidung sein: Der Start des Fraunhofer IWU mit dem Oberlausitzer Kunststoffzentrum in Zittau kam zu einem Zeitpunkt, als vom Strukturwandel Lausitz noch keine Rede war. Mit Unterstützung von Bund und Freistaat sowie im Verbund mit der regionalen Wirtschaft der drei Länder hat das Team seine Kernkompetenzen in den Bereichen additive Fertigung, Leichtbau und Faserverbundtechnik, Wasserstofftechnologien und Automatisierung und Digitalisierung gestärkt und erweitert. Damit haben wir hier mitten im Dreiländereck – in direkter Nachbarschaft unserer Hochschule – bestes zukunftsorientiertes Potential für die Entwicklung unserer Wirtschaftsregion, für die Ausbildung Studierender und natürlich der Forschenden selbst. Ich danke allen, die einem wichtigen Innovationsmotor hier vor Ort so viel Unterstützung bieten, dass nun eine deutliche Vergrößerung des Technikums des Fraunhofer IWU beginnt.«

Große Erwartungen an die Standorterweiterung haben auch die Unternehmen in der Oberlausitz, so Ralf Liebscher, geschäftsführender Gesellschafter der Lakowa GmbH aus Wilthen/Ol.: »Die Oberlausitz verfügt über eine breit aufgestellte und mittelständisch geprägte Kunststoffindustrie mit zahlreichen Unternehmen, die sich durchweg als innovative Systemlieferanten, spezialisierte Hersteller hochwertiger Kunststoffgüter oder Produzenten von Spezialkonsumgütern positioniert haben. Die Ansiedlung des Fraunhofer-Kunststoffzentrums Oberlausitz in Zittau hat diese Entwicklung wesentlich gefördert und die Innovationskraft der Region maßgeblich gestärkt. Vor diesem Hintergrund begrüßt die Industrie die bevorstehende Erweiterung des Forschungszentrums. Die Unternehmer und Führungskräfte der Kunststoffindustrie verbinden mit diesem Ausbau allerdings auch die Erwartungshaltung, mit dem erweiterten Fraunhofer Kunststoffzentrum einen noch leistungsfähigeren Partner an der Seite zu wissen, um die künftigen Herausforderungen, wie Strukturwandel, Fachkräfteausbildung und Technologieentwicklung zu meistern und so ihre Position am Markt und im Wettbewerb zu stärken.«

Weitere Informationen zum Bauvorhaben sowie zu den Forschungsschwerpunkten und der Geschichte des FKO finden Sie zusammen mit Stimmen der Institutsleitung des Fraunhofer IWU und des FKO in unserer Pressemitteilung vom 14. August 2020: https://s.fhg.de/Hca

Die Studie »Wasserstoffwirtschaft in der Lausitz. Perspektiven und Potentiale einer sektoren-übergreifenden Wasserstoffwirtschaft in der Wirtschaftsregion Lausitz« finden Sie hier: https://s.fhg.de/Wasserstoff

Informationen zur technischen Ausstattung vor Fertigstellung des Erweiterungsbaus finden Sie hier: https://www.iwu.fraunhofer.de/de/Ueber-uns/standorte/zittau/technikum.html