»Full House« und klare Statements beim 12. Forum Leichtbau in Berlin
Die Rekordbeteiligung am 12. Forum Leichtbau des BMWE ist ein starkes Signal für den Leichtbau in einer herausfordernden Zeit. Leichtbau zeichnet sich durch große ökonomische und zugleich ökologische Hebeleffekte für die deutsche Wirtschaft aus. Leichtbau wirkt entlang der gesamten Wertschöpfungskette und ist als Multidisziplin für zahlreiche Industriebranchen relevant, teilweise sogar essenziell. WirtschaftsvertreterInnen plädieren im Sinne der Wettbewerbsfähigkeit um eine Fortsetzung der Technologietransferförderung für diese starke Effizienztechnologie.



Unter dem Motto »Materialinnovationen für den Leichtbau der Zukunft« lud das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie BMWE am 25. September zu seinem »12. Forum Leichtbau« nach Berlin ein. Mit über einhundertfünfzig Teilnehmenden im Ludwig-Erhard-Saal der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung BAM erreichte das Format seinen bisherigen Spitzenwert, ein starkes Signal für den Leichtbau in einer herausfordernden Zeit.
»Werkstofftechnik und Produktionstechnik sind die industrielle Wertschöpfungsbasis für Europa, Stärken, über die Deutschland noch immer in herausragender Weise verfügt«, so der Präsident der BAM, Prof. Ulrich Panne. »Zu den wichtigsten Anwendungen von KI wird künftig auch die Materialforschung gehören. Digitale Produktpässe werden essenziell für zirkuläres Wirtschaften.«, so Panne weiter.
Aus Sicht von Prof. Holger Hanselka, Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft, gehören Advanced Materials und Leichtbau untrennbar zusammen, »wenngleich beide Forschungsfelder ihre ganz eigenen Besonderheiten haben«, so Hanselka. »Schlanke und agile Transferförderprogramme wie das TTP LB sind wichtige Faktoren für mehr Wettbewerbsfähigkeit und technologische Souveränität in Deutschland und Europa. Die Aufgabe der Fraunhofer-Gesellschaft im deutschen Innovationssystem ist der Transfer wissenschaftlicher Erkenntnisse in die Anwendung. Mit unserem Engagement für Leichtbau und Materialeffizienz adressieren wir gezielt die Bedarfe des ingenieursgeprägten Mittelstands, der eine wesentliche Säule der deutschen Wirtschaft ist. Um diese Stärke zu erhalten, zu sichern und auszubauen, brauchen wir auch eine mutige Innovationspolitik, die zukunftsorientierte Rahmenbedingungen schafft.«
Sehr klar zeigte Prof. Bernd Mayer, Institutsleiter des Fraunhofer IFAM und Sprecher des Fraunhofer-Verbunds Werkstoffe, Bauteile – Materials in seiner Keynote die wirtschaftliche Bedeutung des Leichtbaus für Deutschland auf und bezog sich damit auf eine aktuelle Studie (Econmove GmbH, Juli 2024 Die ökonomische Bedeutung des Leichtbaus in Deutschland):
- 360 Mrd. € betrug der Wert der Güter und Dienstleistungen mit Bezug zum Leichtbau im Jahr 2019; dies entsprach einem Anteil von 5,5 % am Bruttoproduktionswert.
- Der direkte Wertschöpfungsbeitrag des Leichtbaus inklusive damit verbundener Dienstleistungen betrug 124 Mrd. € und damit etwa 4 % der gesamten Wirtschaftsleistung im Jahr 2019.
- 3,2 Mio. Arbeitsplätze in Deutschland haben einen unmittelbaren oder mittelbaren Bezug zum Leichtbau.
»Leichtbau ist als Multidisziplin für sehr viele Industriebranchen wichtig, für einige, wie die Luftfahrt oder die Windenergie sogar essenziell«, so Bernd Mayer. »Leichtbau besteht nicht nur aus Materialinnovationen. Fertigungstechnologien, Fügetechnik, digitale Produktpässe und KI stehen in direktem Zusammenhang mit nachhaltigem Leichtbau. - Und KI wird immer bedeutsamer für die Entwicklung neuer Materialien.« So knüpfte Mayer an Ulrich Panne an. Innovation bedeute aber zwingend auch Umsetzung in die industrielle Praxis, ergänzte er.
Die Bedeutung der Advanced Material und des Leichtbaus als Innovationsmotoren für die Wirtschaft sowie der Stellenwert der Transferförderung für Leichtbau und Materialeffizienz wurden in Panel-Diskussionen mit Vertretern aus Wirtschaft, Forschung und Forschungspolitik engagiert diskutiert.
Dr. Michael Heußen, Geschäftsführer der Extrusion HAI Group, mahnte dringendes Handeln an: »Unsere Wirtschaft steht unter Druck. Der Mittelstand ist hochinnovativ, leidet aber immens unter Kostendruck. Mit Materialinnovationen müssen wir uns ständig auseinandersetzen, um im Wettbewerb bestehen zu können. Aber als mittelständisches Unternehmen braucht man dabei verlässliche Unterstützung und Planungssicherheit. Das Technologietransferprogramm des BMWE für den Leichtbau war ein wichtiger Beitrag und sollte unbedingt wieder in den Haushaltsplan aufgenommen werden. Es geht auch darum, die Grundstoffindustrie in Deutschland zu halten. Es ist bereits »fünf nach zwölf«. Es muss gehandelt werden!«
Ähnlich äußerte sich Dr. Barbara Ebel-Wolf, Leiterin Forschung und Entwicklung der Saarstahl AG » Leichtbau ist direkt gelebte Nachhaltigkeit, die auch mit etablierten Werkstoffen wie Stahl umgesetzt werden kann: Was im Bauteil nicht gebraucht wird, kostet keine Energie und erzeugt keinen Abfall.« Es bestehe von Kundenseite die Forderung, Bauteile leichter zu machen, aber die Entwicklung dahin müsse irgendwie finanziert werden.
Kay Kölzig, Fraunhofer-Alumni, Mitbegründer und CTO des Start-ups FUSE GmbH, adressierte die besonderen Herausforderungen, vor denen Unternehmensgründer gerade im Bereich Material- und Leichtbauinnovation stehen: » Man muss in jedem Fall Mehrwerte bieten, aber es dauert lange, bis man in der Industrie wirklich ankommt. Passende politische Rahmenbedingungen sind sehr wichtig und die richtigen Netzwerke, wie etwa die »Initiative Leichtbau« des BMWE« Initiative Leichtbau - Nationaler und internationaler Netzwerkknotenpunkt für die Wirtschaft: Initiative Leichtbau.
Möglichkeiten der europäischen Forschungsförderung und Vernetzung im Rahmen der neuen europäischen Partnerschaft »Innovative Advanced Materials for EU - IAM4EU« zeigte Dr. Eva Schillinger, Generalsekretärin des diese Partnerschaft organisierenden Vereins »Innovative Advanced Materials Initiative - IAM-I« auf IAM-I | The Innovative Advanced Materials Initiative.
Dr. Rosita Cottone, wissenschaftspolitische Referentin im Referat 523 Werkstoffinnovationen; Hereon des Bundesministeriums für Forschung, Technologie und Raumfahrt BMFTR wies auf die Möglichkeiten im neuen Materialforschungsprogramm »Mat2Twin« hin, welches die Entwicklung resilienter und kreislauffähiger Wertschöpfungsnetzwerke für innovativeWerkstoffe in den Fokus rückt (Materialinnovationen für die Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft (Mat2Twin) - BMFTR). Cottone betonte die gute Abstimmung und Vernetzung mit der europäischen Ebene sowie die fruchtbare und langjährige, resortübergreifende Zusammenarbeit mit dem Referat IVB4 (Bauwirtschaft, Leichtbau / Neue Werkstoffe) des BMWE.